In einem US-Magazin wurde gestern berichtet (https://www.billboard.com/articles/business/8506943/amazon-offer-ad-supported-music-service-exclusive), dass Amazon das Fremium-Modell von Spotify austesten werde. Die Aktie von Spotify sank daraufhin gestern um 4%.
Amazon hat den Spitznamen „Todesstern“, denn eine Branche nach der anderen wird von Amazon zerstört: Vom Buchhandel über Elektronikteile bis hin zu großen Teilen des Einzelhandels verzeichnen hohe Insolvenzraten, seit Amazon die entsprechenden Branchen bearbeitet.
Im boomenden Markt der Cloud-Dienste ist die Amazon-Cloud (AWS) Marktführer. Dank der überlegenen Infrastruktur, sowohl On-, als auch Offline, hat es den Anschein, dass Amazon sich nur die Branche aussuchen braucht, die es als nächstes zerstören möchte. Wie der Todesstern im „Krieg der Sterne“ (Star Wars) hat es den Anschein, man könne Amazon nicht mehr aufhalten, wenn ein Ziel erst einmal ins Visier genommen wurde.
Doch die Angst ist übertrieben, denn es gibt auch andere Beispiele: FedEx, UPS und DHL/Deutsche Post haben seit Jahren Angst vor Amazons eigenem Lieferservice, doch bis heute hat Amazon es nicht geschafft, nennenswerte Marktanteile zu gewinnen.
In den USA versuchte sich Amazon von ein paar Jahren im Handel mit Auto-Ersatzteilen, die Aktie von Autozone war daraufhin stark eingebrochen. Doch schnell zeigte sich, dass Amazon keine Chance hatte, die detaillierten Spezifikationen und teilweise seltenen Ersatzteile anzubieten, nach kurzer Zeit setzte die Aktie von Autozone zu einem Höhenflug an, der bis heute anhält.
Der Versand von Lebensmitteln ist seit vielen Jahren erklärtes Ziel von Amazon, doch bis heute ist Geschäftsbereich nicht richtig in Schwung gekommen. Auch im B2B-Handel mit Industriegütern / Zulieferteilen für die Industrie konnte Amazon trotz hoher Investitionen nicht Fuß fassen.
Amazons CEO Jeff Bezos, der aktuell reichste Mensch der Welt, treibt seine Mitarbeiter an, immer Neues auszuprobieren. Beim Ausprobieren legt er Wert auf Innovation, aber auch auf eine zeitnahe Erfolgskontrolle, damit die Abenteuer im Zweifel frühzeitig beendet werden, wenn der gewünschte, zuvor definierte Erfolgspfad nicht eingehalten wird.
Jetzt hat Amazon Spotify ins Visier genommen. Klar, mit Amazon Music Unlimited (10€/M) gibt es schon lange einen Amazon-Streamingdienst. Und mit Amazon Prime Music gibt es auch schon lange einen Dienst, der für Prime-Kunden (69€/a) ohne weitere Kosten verfügbar ist. Aber ein gänzlich kostenfreies Angebot, das sich über Werbung finanziert, gibt es noch nicht.
Doch gerade das ist eines der Erfolgsmodelle von Spotify: Kunden können dort wählen zwischen werbefreier Musik für 10€/M oder aber Musik, die ab und an durch Werbung unterbrochen wird, dafür aber kostenfrei ist. Das ist das sogenannte Freemium-Modell: Kostenfreies Basisangebot und kostenpflichtiges Premium-Angebot ohne Werbung.
Das Freemium-Modell ist spitze! Ich betreibe meinen Heibel-Ticker Börsenbrief seit inzwischen 15 Jahren nach diesem Modell: vergangenheitsbezogene Analysen du Erklärungen werden kostenfrei verschickt (übrigens sogar werbefrei), meine Schlussfolgerungen daraus sowie meine Prognosen hingegen bleiben den zahlenden Premium- (PLUS-) Kunden vorbehalten. Funktioniert super!
Es wird spannend sein zu beobachten, ob Amazon im Markt des Musik-Streamings erfolgreich ist oder nicht. Zum einen hat Spotify noch einige Vorteile, zum anderen ist die Konkurrenz viel größer als nur Spotify: Apple Musik, Tidal, Deezer, Napster und viele mehr kämpfen mit unterschiedlichen Angeboten um Kunden. Insbesondere die unabhängigen Anbieter haben den Vorteil, auf vielen Plattformen (iOS, Android, Sonos, Browser, Netzwerk-Lautsprecher, …) verfügbar zu sein während die Großen wie Amazon, Apple und Google Probleme haben, ihre Dienste auf die jeweiligen Konkurrenz-Plattformen zu bekommen.
Aber auch die Inhalte sind unterschiedlich: Die einen bieten eine besonders hohe Qualität, die anderen bieten kostenlosen Streaming über bestimmte Mobilfunkanbieter an.
Spotify nennt eine ausgefeilte künstliche Intelligenz ihr Eigen, die passende Musikvorschläge für jeden Kunden individuell aus dem bislang Gehörten erstellt. Außerdem hat Spotify kürzlich durch den Kauf von Parcast die eigene Präsenz im Markt der Podcasts verstärkt.
Global hat Spotify durch diese Vorteile sowie durch seinen frühen Markteintritt noch einen Vorsprung: Nicht ganz 100 Mio. Kunden werden Spotify zugeschrieben, Apple kommt wohl nur auf die Hälfte und Amazon Music ist knapp über 20 Mio. zahlenden Kunden. Doch in den USA gab es kürzlich einen Bericht, demzufolge Apple Music dort schon mehr Kunden hat als Spotify.
Spotify ist der unabhängige Streaming-Anbieter mit klaren Vorteilen gegenüber der Konkurrenz. Doch Apple, Google und nun auch Amazon haben tiefe Taschen und werden sich mit Spotify einen bitteren Kampf um Marktanteile liefern. Spotify schreibt auf absehbare Zeit Verluste und hat derzeit knapp eine Milliarde Euro an Nettoliquidität verfügbar. Die drei großen Wettbewerber verfügen praktisch über unendlich viel Barreserve (zig-Milliarden, Tendenz steigend), könnten also technologische Nachteile aufholen.
Bleibt der Vorteil der Unabhängigkeit Spotifys. Reicht das, um zu gewinnen?
Für uns als Anleger ist diese Frage nicht so wichtig. Es reicht die Erkenntnis, dass der Wettbewerb in diesem Marktbereich extrem hart ist. Spotify ist damit leider nicht mehr ein Unternehmen, das einen neuen Markt im Sturm erobert – die Zeit ist vorbei. Nun beginnt ein Verteilungskampf, der in die Margen schneidet und Spotify sowohl Marktanteile, als auch Gewinnmarge kosten wird. Die Aktie stellt daher in meinen Augen erst einmal keine gute Anlageidee dar, leider.
Neuigkeiten zur Entwicklung von Amazon und Spotify werde ich in meinem wöchentlich erscheinenden Heibel-Ticker veröffentlichen.