Auf den Kaufrausch folgt der Kater
von Sven Weisenhaus
Zum zweiten Mal in Folge hat es gestern aus meiner Sicht die auffälligste Kursbewegung am chinesischen Aktienmarkt gegeben. Dieses Mal ging es allerdings in die entgegengesetzte Richtung. Nach der vorgestrigen Kursexplosion des Hang Seng um fast 8 % (siehe „Zweiter Kaufrausch am chinesischen Aktienmarkt“) implodierten die Kurse gestern um mehr als 5 %.
Wow, das war eine kurze Bullenparty! Und ich habe auch eine Idee, was den Anlegern so schnell die Kauflaune verdorben hat. Denn es gab eine passende Meldung:
Hat Chinas Außenhandel die Anleger verschreckt?
Chinas Exporte wuchsen im November um 6,7 % zum Vorjahr und damit nur noch etwa halb so stark wie im Monat zuvor (Oktober: +12,7 %). Ökonomen hatten immerhin mit einem Plus von 8,5 % gerechnet.
Die Importe gingen im vergangenen Monat sogar um 3,7 % zurück, nach einem Minus von bereits 2,3 % im Oktober. Hier lagen die Erwartungen bei einem kleinen Plus von 0,3 %.
Vor allem die Nachricht über die Importe, die so schwach ausgefallen sind wie seit mehr als einem Jahr nicht mehr, dürfte die Anleger wieder aus dem chinesischen Aktienmarkt herausgetrieben haben. Denn sie sind ein Signal für eine schwache Inlandsnachfrage, also ein weiterer Hinweis auf eine anhaltende Konsum- und somit hartnäckige Konjunkturflaute.
Sinkende Importe sind ein Problem, sinkende Exporte aber auch
Vor diesem Hintergrund ist der schwächere Export ein zusätzliches Problem. Denn wenn auch das Ausland weniger Waren abnimmt, die in China hergestellt werden, dann sind Arbeitsplätze in der Produktion gefährdet. Und diese können sowieso schon zu einem Teil nur deshalb noch erhalten werden, weil China in einem Maße vom Staat subventionierte Waren produziert, dass sich das Ausland bereits genötigt sieht, seine Wirtschaft vor der chinesischen Überproduktion und somit einer Schwemme billiger Produkte mit Zöllen zu schützen.
Short-Squeeze?
Chinas Außenhandel hat also gestern die Sorgen und die Unsicherheiten über die weitere Entwicklung der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt sehr schnell an den dortigen Aktienmarkt zurückkehren lassen. Und die Gewinnmitnahmen in äußerst großem Umfang sprechen dafür, dass die Anleger nur sehr wenig Vertrauen in einen nachhaltigen Aufschwung der Kurse haben. Sie neigen auch mit Blick auf die vorherige Abwärtsbewegung eher zu Verkäufen oder sogar Short-Positionen.
Und auf diese Erwartung eher fallender Aktienkurse traf die vorgestrige Nachricht über einen zukünftig lockereren geldpolitischen Kurs. Das könnte zu einem Short-Squeeze geführt haben, der zu dem extrem starken Kursanstieg von fast 8 % führte. Denn Leerverkäufer waren aufgrund der Nachricht genötigt, ihre Short-Positionen zu schließen, was einem Kauf gleichkommt.
Angesichts der wirtschaftlichen Probleme des Landes und dem Mangel an Taten nach bislang zumeist nur markigen Worten wollen Anleger offenbar zuerst weitere konkrete Umsetzungen der angekündigten Maßnahmen sehen, bevor sie mehr Vertrauen in einen nachhaltigen Aufschwung der Kurse am Aktienmarkt entwickeln. Ansonsten hätten die vorgestrigen Kursgewinne Anschlusskäufe nach sich gezogen und die Reaktion auf die Außenhandelsdaten wäre nicht so negativ ausgefallen.
Die nächste Gelegenheit für Chinas Regierung
Mit Blick auf die jährliche Zentrale Wirtschaftskonferenz besteht aber in dieser Woche noch eine Chance, dass konkrete Maßnahmen beschlossen und auch verkündet werden. Ansonsten fällt wohl auch der chinesische Aktienmarkt für mögliche Investitionen oder Trades weg, wie derzeit bereits der Devisenmarkt (USD/JPY und EUR/USD) und der Anleihemarkt (Bund-Future) wegen der erwarteten Konsolidierungen sowie der Aktienmarkt in den USA aufgrund seiner hohen Bewertung und überkauften Situation.
Ich wünsche Ihnen jedenfalls weiterhin viel Erfolg an der Börse
Ihr
Sven Weisenhaus
(Quelle: www.stockstreet.de)