Am Freitag hatte ich Ihnen geschrieben, dass man mit weiter fallenden Kursen im DAX rechnen muss. Nächstes Kursziel: das 50%-Fibonacci-Retracement der gesamten Aufwärtsbewegung seit dem Corona-Crash bei 12.272,92 Punkten. Dieses wurde vorgestern, nur einen Handelstag später, bereits annähernd erreicht.
Mit dem Tagestief von 12.438,85 Punkten verfehlte der DAX die Marke nur um 165 Zähler bzw. 1,3 %. Ist das wenig oder viel? Man muss dies stets im Kontext der jeweiligen Kursdynamik sehen. Aktuell ist diese extrem hoch. Schließlich verlor der DAX alleine am Freitag -4,4 %. Und am Montag brachte er es sogar auf -5 %. Seit dem Hoch vom Jahresbeginn summieren sich die Verluste damit auf fast ein Viertel. Vor diesem Hintergrund war der DAX vorgestern sehr nah am Kursziel.
Möglicher Doppelboden bei rund 12.400 Punkten
Mit einem so schnellen Ansteuern dieser Marke hatte ich nicht gerechnet. Den Lesern des Target-Trend-Spezial schrieb ich gestern früh, dass dies sicherlich für viele Anleger kaum vorstellbar war. Schließlich hatte der DAX zuvor schon viel Boden verloren, als er am Freitag das 38,20er Retracement erreichte. In der vorgestrigen vorbörslichen Ausgabe des Target-Trend-Spezial war deshalb zu lesen, dass es Zeit sei für eine Gegenbewegung. Und diese gab es wenig später auch. Allerdings fiel der DAX zunächst noch um besagte 5 %, bevor er die Kursverluste dann im Rahmen der Gegenbewegung vollständig aufholte.
Danach ging es aber erneut abwärts. Damit blieb der Index charttechnisch überverkauft. Und so schrieb ich den Lesern des Target-Trend-Spezial gestern, dass ich zwar bislang geraten hatte, nicht in das fallende Messer zu greifen, nun aber mit weiteren Kurserholungen rechne. Und tatsächlich: Dem DAX gelang erneut eine deutliche Kurserholung. Vom Tief im nächtlichen Future-Handel bei 12.465 Punkten schnellte der DAX insbesondere mit Beginn des Xetra-Handels nach oben und eroberte die 13.000er Marke zurück.
Damit steckt der DAX nun nach den herben Kursverlusten in einer Konsolidierung. Die Bullen sehen offenbar bei etwa 12.400 Punkten Kaufkurse. Dieses Niveau könnte somit einen (Doppel-)Boden darstellen.
Teuer verkaufen, billig kaufen
Auch fundamental gibt es inzwischen gute Gründe für Schnäppchenkäufe bei heimischen Werten. Denn während US-Aktien nach wie vor überbewertet sind, kann man viele Aktien im DAX und Euro STOXX 50 inzwischen günstig einsammeln. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) liegt mit 11,0 bzw. 11,6 deutlich unter dem Mittelwert der vergangenen 10 Jahre.
(Quelle: Helaba)
Demgegenüber sind der Dow Jones (KGV: 17,2) und der S&P 500 (18,9) mehr als 50 % teurer. Und sie notieren noch über ihrem langjährigen Mittelwert. Auch dies ist eine Bestätigung für meinen jüngsten Rat, gestaffelt in DAX & Co. einzusteigen, während man bei den US-Aktien noch mit weiteren, eventuell starken Kursabschlägen rechnen muss.
War ich im vergangenen Jahr lange Zeit für den Aktienmarkt skeptisch, bin ich jetzt wieder deutlich bullisher für heimische Aktien – angesichts des Kriegs in der Ukraine natürlich mit Vorsicht. Dies erklärt sich eben aus der inzwischen wesentlich günstigeren fundamentalen Bewertung und der überverkauften Marktlage in Europa. Teuer verkaufen, billig kaufen. Dieser simplen Börsenweisheit folge ich. Und aktuell zeigt sich schon, dass sich dies auch dieses Mal wieder auszahlt.
Die folgende Grafik der Helaba zeigt allerdings auch: Die Masse der Anleger folgt dieser simplen Logik nicht. Statt antizyklisch zu agieren, gehen sie zyklisch mit dem Trend und reduzieren die Aktiengewichtung in die fallenden Kurse hinein.
(Quelle: Helaba)
So simpel die Börsenweisheit (teuer verkaufen, billig kaufen) auch erscheint, so schwer ist sie für die meisten Anleger offenbar umsetzbar. Machen Sie nicht den gleichen Fehler!
Übrigens: Auch von der Dividendenrendite her sind DAX (3,7 %) und Euro STOXX 50 (3,8 %) deutlich attraktiver als die US-Pendants. Während man bei US-Aktien aktuell durch die US-Anleiherenditen schon Konkurrenz hat, weil diese höher sind als die Dividendenrenditen von Dow Jones (2,1 %) und S&P 500 (1,6 %), können unsere heimischen Aktien den Anleihemarkt noch klar schlagen.
(Quelle: Helaba)
EUR/USD: Wellen 1 und 5 nun gleichlang
Nicht nur beim DAX, sondern auch am Devisenmarkt lässt sich aktuell eine Suche nach einem Boden feststellen. Der Euro wurde zum US-Dollar seit dem 10. Februar von knapp 1,15 USD auf 1,08 USD nach unten durchgereicht. Ein Kursrutsch um mehr als 6 % binnen eines Monats ist am Devisenmarkt schon eine große Hausnummer. Doch aus charttechnischer Sicht kam dies nicht überraschend. Denn der EUR/USD ist damit lediglich dem „Prinzip der Wellengleichheit“ gefolgt (siehe Börse-Intern vom 3. März). So ist die Welle 5 nun genauso lang wie die Welle 1.
Allerdings hat die Welle 5 den Kursrückgang der Welle 1 in weniger als der Hälfte der Zeit vollzogen. Ähnlich wie beim DAX, war auch hier nicht mit einem so schnellen Erreichen des Kursziels zu rechnen.
Jedenfalls hat sich der EUR/USD auf dem Niveau des Kursziels vorgestern stabilisiert. Und die gestrige Tageskerze notiert innerhalb des roten Rechtecks. Gut möglich daher, dass auch dem Euro eine Bodenbildung und Kurserholung gelingt. Zumal ihm eine wichtige Aufwärtstrendlinie als Unterstützung zur Hilfe kommt (dick grün im folgenden Chart).
Dabei gilt es aber zu beachten, dass der Wechselkurs unter wichtige Abwärtstrendlinien zurückgefallen ist. Der Ausbruch aus dem übergeordneten Abwärtstrend ist damit gescheitert. Dadurch hat der Druck auf die Aufwärtstrendlinie deutlich zugenommen. Das Chartbild ist dementsprechend noch klar bearish. Erst wenn sich eine starke Kurserholung etabliert und diese bis über das Hoch der Welle 4 reicht, haben sich die Bullen wieder zurück ins Spiel gebracht.
Und so bleibt es dabei: Ich warte auf neue Umkehrsignale, um dann erneut auf eine längere Kurserholung zu setzen. Große Short-Positionen würde ich nicht eingehen. Zumal das Kursziel für fallende Kurse inzwischen erreicht und der Wechselkurs überverkauft ist. zudem kann die Aufwärtstrendlinie Halt bieten.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg an der Börse
Ihr
Sven Weisenhaus
(Quelle: www.stockstreet.de)