DAX: Auf dem Weg in Richtung 20.000 Punkte

DAX: Auf dem Weg in Richtung 20.000 Punkte
von Torsten Ewert

Als ich am Freitag begann, das Wochenupdate für meine Aktien-Perlen zu schreiben, war ich auf einen ruhigen Börsentag eingestellt. Schließlich war am Tag zuvor in den USA ein Feiertag (Thanksgiving), und am Freitag würde der US-Börsenhandel verkürzt sein.

Die bemerkenswerte neue Stärke des DAX

Tatsächlich begann der DAX gemächlich – zwar gab es am Donnerstag einen merklichen Sprung nach oben, aber dabei blieb der Kurs unterhalb der Oberkante des roten Konsolidierungskanals, in dem sich der Index seit seinem jüngsten Allzeithoch bewegte. Und auch am Freitag hielt sich der Kurs zunächst unterhalb dieses Widerstands (siehe untere Ellipse im folgenden Chart):

Doch bereits zu diesem Zeitpunkt schrieb ich zum Kursverlauf der vergangenen Tage in meinem Wochenupdate: „Angesichts der – vermeintlichen – neuen Belastungen (Zölle, Frankreich) zeigt der DAX eine bemerkenswerte Stärke“. Schließlich machte er am Donnerstag recht eindrucksvoll (und ohne positive Vorgaben aus den USA!) den Rücksetzer wett, der durch die Ankündigung von Donald Trump ausgelöst wurde, unter Umständen höhere Zölle gegen Kanada und Mexiko zu verhängen.

Nach Versand des Wochenupdates und kurz nach Beginn des US-Handels am Freitag legte der DAX weiter dynamisch zu. Gestern ein ähnliches Bild: Zunächst ein verhaltener Beginn (obere Ellipse), dann am späten Vormittag der dynamische Ausbruch über das alte Allzeithoch bei 19.674,68 Punkten (rot gestrichelte Linie).

Erklärungen? Fehlanzeige!

Bereits am Freitag bzw. am Wochenende suchte man vernünftige Erklärungen für diese Stärke des DAX vergeblich. (Wohlweislich versuchten zumindest die großen Nachrichtenagenturen gar nicht erst, irgendeinen „Grund“ für den Anstieg zu finden, sondern meldeten einfach nur die Kursveränderung.)

Tatsächlich gibt diese Stärke einige Rätsel auf, was im Tageschart sogar noch offensichtlicher wird:

Wie schon gesagt, ging der DAX nach seinem jüngsten Hoch und vor den Wahlen in den USA – verständlicherweise – in eine Konsolidierung über. Die „Trump-Euphorie“, die den US-Markt auf neue Hochs katapultierte, wurde im DAX recht schnell wieder verkauft. Das ergibt Sinn – schließlich haben die deutsche Wirtschaft und damit die DAX-Unternehmen wohl nicht viel Gutes vom künftigen US-Präsidenten zu erwarten.

Eine logische Schwäche und der Grund für die Stärke danach

Die folgende Schwäche war also logisch. Etwas überraschend erscheint dann der bullishe Impuls zum gelben Target (auf das ich bereits in meiner Verfallstagsanalyse Mitte November hinwies). Gut, hierfür lässt sich sogar noch ein Grund finden: Am Freitag (22.11.) wurde in den USA Steve Bessent als Kandidat für das Amt des Finanzministers vorgestellt, was bei den Anlegern irgendwas zwischen Erleichterung und Begeisterung auslöste.

Diese Nachricht wurde erst am 22.11. nach DAX-Börsenschluss veröffentlicht. „Eigentlich“ konnte der DAX darauf noch nicht reagieren, aber er tat es scheinbar trotzdem, indem er schon die kurzfristige blaue Abwärtslinie überwand, unter der er sich in den Tagen zuvor duckte. Erst am Montag (25.11) setzten die Anleger hierzulande diese Nachricht vollständig in (weiter) steigende Kurse um. Der DAX streifte dabei zwar (verspätet) das gelbe Target, blieb aber in dem roten Konsolidierungskanal und unterhalb des Hochs von Ende September (siehe roter Pfeil).

Am Dienstag schickten Trump-Zolldrohungen, den DAX wieder nach Süden, am Mittwoch testete er dabei erfolgreich die blaue Linie von oben und bestätigte damit den Ausbruch darüber; ab Donnerstag legte er dann dynamisch zu, gestern schon ein neues Allzeithoch!

Worauf dieser hohe Umsatz hinweist

Bemerkenswert ist nun die Umsatzentwicklung (siehe unterer Chartteil): Am 25.11., also während der „Bessent-Rally“, wurde ein sehr hohes Volumen gehandelt (siehe roter Pfeil). Abgesehen von den beiden großen Verfallstagen im Juni und September, an denen das Volumen stets weit überdurchschnittlich ist, war dieses Volumen mit Abstand das größte seit Ende Mai. Das deutet auf eine Short Squeeze hin. Vermutlich aus diesem Grund finden sich einige Stimmen, die auch den Anstieg vom Freitag mit einer Short Squeeze begründen.

Eindeutig ist das aber nicht, auch wenn das Volumen am Freitag etwas höher war als an den Vortagen, aber eben nicht überdurchschnittlich (siehe schwarzer Pfeil). Der Volumenanstieg passt dagegen ganz gut zu dem Ausbruch vom Freitag, was die Stärke des DAX ebenso untermauert, wie der gestrige weitere Anstieg.

Rätseln über den Stimmungswechsel der Anleger

Was die wichtige Frage aufwirft, WARUM der DAX diese Stärke zeigt. Formal hat sich an der Ausgangslage nichts geändert: Deutsche Unternehmen dürften unter den handelspolitischen Maßnahmen leiden, die von der künftigen US-Regierung zu erwarten sind.

Aber offenbar sehen die Anleger das nicht mehr ganz so kritisch oder haben neue Aspekte gefunden, die für deutsche bzw. europäische Aktien sprechen (Bewertung?). Denn auch andere Aktienmärkte des Euroraums machten zum Wochenende ordentlich Boden gut. Das gilt selbst für SDAX und MDAX, die bisher dem DAX deutlich hinterherhinkten.

Wenn diese Stärke Bestand hat …

Noch ist diese Stimmungswende sehr jung, daher bleibt abzuwarten, ob sie Bestand hat. Aber die beiden starken Kerzen von gestern und Freitag setzen zusammen mit dem neuen Allzeithoch sowie der relativen Stärke der Mid und Small Caps deutliche Zeichen. Zumal dabei gerade auch deutsche Autowerte auf den Kauflisten der Anleger standen. Und diese gelten ja eigentlich als besonders anfällig, nicht nur wegen möglicher US-Zölle.

Jedenfalls haben wir nun genug Stoff zum Nachdenken und Analysieren. Versüßt wird uns diese Aufgabe durch die realistische Aussicht, dass der DAX bis zum Jahresende doch noch die runde 20.000 Punkte-Marke erreicht.

Mit besten Grüßen

Ihr Torsten Ewert

(Quelle: www.stockstreet.de)

Sven Weisenhaus ist Chefredakteur des renommierten Börsen-Newsletters Börse-Intern, der vom bekannten Börsen-Portal Stockstreet.de herausgegeben wird. Er schreibt dort auch die Analysen des „Target-Trend-Spezial“ - einem börsentäglichen Dienst, der den DAX und andere Indices nach der berühmten Target-Trend-Methode analysiert.

www.stockstreet.de

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