Gold folgt mit einem neuen Rekordhoch den Elliott-Wellen
von Sven Weisenhaus
Der Goldpreis ist gestern auf ein neues Rekordhoch gestiegen. Mit fast 2.150 US-Dollar wurde das noch relativ frische Hoch vom 4. Dezember bei 2.145,14 US-Dollar übertroffen, von dem sich der Goldpreis damals genauso schnell entfernte, wie er es an diesem Tag erreicht hatte. Die Tageskerze vom 4. Dezember zeichnet sich daher durch einen sehr langen Docht aus, was ein Zeichen dafür ist, dass die Anleger dem damaligen Ausbruch aus der Seitwärtsspanne (gelb) offenbar nicht getraut haben.
Das stellt sich beim aktuellen Anstieg anders dar. Denn bereits am Freitag vergangener Woche begann die aktuelle Ausbruchsbewegung. Und schon an diesem Tag gelang ein Schlusskurs oberhalb der Seitwärtsspanne. Seitdem setzt sich der Anstieg fort, wobei der Handel an allen Tagen in der Nähe des Tageshochs endete, womit der Anstieg des Goldpreises dieses Mal sehr stabil und nachhaltig wirkt.
Gold profitiert von wieder aufkeimenden Zinssenkungserwartungen
In den Medien ist zu lesen, dass der Goldpreis eng mit den Zinserwartungen an den Finanzmärkten zusammenhängt und die plötzliche Kursrally von der Hoffnung auf sinkende Leitzinsen der Notenbanken angefacht wurde. Und da ist durchaus etwas dran. Denn die Rendite der am Markt viel beachteten 10-jährigen US-Staatsanleihe ist zum Beispiel zeitgleich mit dem Goldpreisanstieg deutlich gesunken.
Außerdem hat der US-Dollar Schwäche gezeigt, unter anderem gegenüber dem Euro, so dass der EUR/USD-Wechselkurs gestern über das Hoch vom 22. Februar bei 1,08882 USD steigen konnte, wenn auch nur ganz knapp.
Die Anleger scheinen damit darauf zu setzen, dass sich die Zinsdifferenz zugunsten des Euro entwickelt. Nach dem Bruch der Abwärtstrendkanäle scheint sich dadurch nun wieder ein neuer Aufwärtstrend zu etablieren.
Wo kommen die Zinserwartungen her?
Aber auch gegenüber dem Yen verliert der US-Dollar aktuell an Boden – wohl aus den gleichen Gründen. Stellt sich die Frage, woher die Zinssenkungserwartungen plötzlich gekommen sind. Als ein Grund gelten schwache US-Wirtschaftsdaten, die jüngst veröffentlicht wurden. Insbesondere die Einkaufsmanagerdaten vom Institute for Supply Management (ISM) werden genannt.
Und in der Tat – auch ich hatte schon am Freitag über schwache Umfrageergebnisse für das verarbeitende Gewerbe der USA berichtet (siehe „Es gibt derzeit nichts, was den Markt vom Kurs abbringt“). Diese deuteten auch auf eine Abkühlung des Arbeitsmarktes, weisen aber zeitgleich auf einen immer noch hohen, wenn auch leicht nachlassenden Inflationsdruck hin. Sie waren alleine daher kaum geeignet, die Zinssenkungsfantasien anzuregen.
Vorgestern wurden aber auch Umfrageergebnisse vom ISM zum Dienstleistungssektor veröffentlicht. Und diese fielen ebenfalls schwächer aus als im Vormonat, wobei sie auch auf eine Abkühlung am Arbeitsmarkt (48,0 Punkte im Februar, nach 50,5 im Januar) sowie einen nachlassenden Inflationsdruck hindeuten (58,6 nach 64,0). Aber ein ISM-Dienstleistungsindex, der bei 52,6 Punkten steht (zuvor: 53,4), notiert immer noch komfortabel oberhalb der Schwelle von 50 Zählern, ab der Wachstum signalisiert wird.
Und das gilt auch für den Einkaufsmanagerindex von S&P Global, der ebenfalls vorgestern veröffentlicht wurde und mit 52,3 Punkten (nach 52,5 im Januar) immerhin noch auf dem zweithöchsten Niveau der vergangenen 8 Monate steht.
Bei solchen Wachstumsaussichten steht die US-Notenbank definitiv nicht unter Druck, die Zinsen schnell zu senken. Da der Leitzins aber mit über 5 % aktuell relativ hoch ist, wäre eine erste vorsichtige Senkung sicherlich in absehbarer Zeit möglich. Aber das ist nun kaum eine Neuigkeit. Und möglich war das auch schon vor den jüngsten US-Daten.
Charttechnik begünstig den starken Goldpreisanstieg
Aber dennoch haben die Marktteilnehmer in den vergangenen Handelstagen ihre Zinssenkungserwartungen wieder aufleben lassen. Und beim Goldpreis hat eine vorherige charttechnische Entwicklung dazu beigetragen, dass es nun zu einem starken Anstieg gekommen ist.
Denn wie im Chart oben (und unten) zu sehen ist, war der Preis des Edelmetalls aus einem Dreieck (blaue Linien) nach unten ausgebrochen. Dies hatte sich aber als Bärenfalle entpuppt, da die Kursverluste vollständig aufgeholt wurden. Und häufig ziehen solche Fehlsignale, vor denen ich in der vorangegangenen Gold-Analyse vom 8. Februar sogar explizit gewarnt hatte (siehe „Gold: Liefert eine Dreiecksformation den nächsten Impuls?“), eine starke Bewegung in die entgegengesetzte Richtung nach sich. Das wurde auch dieses Mal der Fall, als die Abwärtslinie des Dreiecks nach oben gebrochen wurde.
Begünstigt wurde diese Kursentwicklung durch das grundsätzlich bullishe Chartbild, in dem sich der Goldpreis aktuell befindet. Denn die große Seitwärtsbewegung hat nach den starken Kursgewinnen zuvor einen trendbestätigenden Charakter. Und auch aus Sicht der Elliott-Wellen befindet sich der Goldpreis in einem Aufwärtszyklus. Im übergeordneten Bild läuft schon seit dem Tief von Ende 2022 die Aufwärtswelle 5. Und von dieser Welle 5 bildet der aktuelle Anstieg die Welle 3.
Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird sich der Anstieg des Goldpreises also noch fortsetzen. Und davon könnte man mit Long-Positionen profitieren. Sollten Sie bereits Long-Positionen im Markt haben, so erinnere ich an meinen Hinweis aus der Analyse vom 2. Februar: Sie können diese „bei einem bullishen Ausbruch aus dem Dreieck auf Einstiegskurs absichern und durch eine weitere Position ergänzen“.
Ich wünsche Ihnen jedenfalls weiterhin viel Erfolg an der Börse
Ihr
Sven Weisenhaus
(Quelle: www.stockstreet.de)