NVIDIA – die Spannung steigt!

NVIDIA – die Spannung steigt!
von Sven Weisenhaus

Kein anderes Thema beherrscht die Börsen dieser Tage so wie NVIDIA. Denn gestern Abend hat das Unternehmen seine Geschäftszahlen veröffentlicht. Experten gehen davon aus, dass der Aktienkurs dann um mehr als 8 % steigen oder fallen könnte, je nachdem, wie die Zahlen ausfallen bzw. die Anleger darauf reagieren.

Mehr als der doppelte Jahresumsatz

Ein Kurssprung von 8 % würde bei NVIDIA eine Veränderung des Börsenwertes um ca. 280 Milliarden US-Dollar bedeuten. Denn wie Bespoke Investment dazu berichtet, haben die Aktien seit Ende Oktober 2022, kurz vor der Veröffentlichung von ChatGPT, um fast 1.000 % an Wert zugelegt. Und dadurch liegt die Marktkapitalisierung inzwischen bei rund 3,5 Billionen US-Dollar.

Demgegenüber steht ein erwarteter Jahresumsatz von 126,5 Milliarden US-Dollar im Jahr 2025. Und damit wird NVIDIA aktuell mit einem Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV) von 28 bewertet. Das ist extrem!
Und eine Veränderung der Marktkapitalisierung um ca. 280 Milliarden US-Dollar würde mehr als das doppelte eines Jahresumsatzes ausmachen. Auch das wäre extrem!

Umsatzwachstum halbiert sich

2025 wächst der Umsatz allerdings noch mit voraussichtlich 100 %. Daher ist eine hohe Bewertung durchaus gerechtfertigt. Doch schon 2026 sollen es laut Bespoke „nur noch“ +49 % sein. Und 2027 (bis 2029) wird sich das Umsatzwachstum erneut halbieren auf nur noch (jeweils zwischen) +19,5 % (und ca. 18 %). Laut Daten von Stock3 soll der Jahresumsatz 2028 bei knapp 240 Milliarden US-Dollar liegen.

Das 2028er KUV beträgt also 14,58. Und das ist bei einem Umsatzwachstum von laut Bespoke Investment in den Jahren 2030 und 2031 von nur noch +10 % auch noch extrem viel.

Der Schwanz wedelt mit dem Hund

Extrem wäre wahrscheinlich auch der Einfluss einer Kursveränderung von 8 % bei den NVIDIA-Aktien auf den Gesamtmarkt. Torsten Ewert hat dazu am Montag bereits eine Analyse veröffentlicht (siehe „Rettet oder killt Nvidia den Nasdaq 100?“). Natürlich sind die Kursausschläge des Nasdaq 100 in der Vergangenheit geringer ausgefallen als bei NVIDIA. Die Aktie hat ja schließlich auch „nur“ ein Gewicht von aktuell 13,63 % in dem Technologieindex. Aber dennoch kann sich der Gesamtmarkt derzeit kaum von der Kursentwicklung dieser Aktie lösen. Es herrscht eine sehr hohe Korrelation.

Das gilt auch für den Nasdaq Composite, bei dem die Aktie sogar einen Anteil von mehr als 18 % hat, obwohl dieser Index rund 3.000 Unternehmen vereint, während es beim Nasdaq 100 – wie der Name schon sagt – nur 100 sind. Verrückt! „Will man den Markt verstehen, muss man auf NVIDIA sehen“, lautete daher auch passenderweise die Überschrift der Börse-Intern vom 7. November, in der ich bereits auf das hohe Gewicht von NVIDIA eingegangen bin.

Einen Tag später wurde die Aktie übrigens auch in den 128 Jahre alten Dow Jones aufgenommen, wo sie seitdem Intel ersetzt. NVIDIA´s Anteil am Dow Jones aktuell: 19,29 %. Wahnsinn!


(Quelle: ariva.de) 10 Aktien mit dem größten Anteil am Dow Jones

NVIDIA, Apple, Microsoft und Amazon – 4 Vertreter der „Magnificent 7“ – machen nun zusammen einen Anteil von mehr als 65 % am Dow Jones aus. Die restlichen 26 Aktien des Index sind damit quasi nur noch Beiwerk. Und so hängen jetzt alle großen US-Indizes (auch der S&P 500) am Tropf von NVIDIA.

NVIDIA beeinflusst nicht nur den US-Markt

Das hat auch Konsequenzen für den DAX, der sich stark an den Kursbewegungen der Wall Street orientiert. In der gestrigen Ausgabe des auf Chartanalysen fokussierten Börsendienstes „Target-Trend-Spezial“ hatte ich für die Leser den vorgestrigen Kursverlauf von NVIDIA mit dem Verlauf des DAX verglichen.

Die NVIDIA-Aktien (siehe folgender Chart) gaben am Vormittag (MEZ) leicht nach, stabilisierten und erholten sich dann etwas, bevor es ab ca. 14:00 Uhr wieder abwärts ging, ab 14:35 Uhr mit hoher Dynamik. Um 15 Uhr fanden die Aktien einen Boden (vertikale Linie), der als Basis für eine extrem starke Kurserholung diente.

Und nun vergleichen Sie dies mit dem vorgestrigen Kursverlauf des DAX:

Machen wir uns nun den Spaß und schauen wir uns auch noch die gestrigen Kursverläufe an. Zuerst wieder NVIDIA:

Und nun der DAX:

Für zwei Werte, die eigentlich wenig miteinander zu tun haben, ist das ein beeindruckender und zugleich erschreckender Gleichlauf.

Erschreckend deshalb, weil man sich charttechnische und vor allem fundamentale Analysen zum DAX daher derzeit sparen kann. Schließlich ist der Index offensichtlich fremdgesteuert. Wie sonst konnte es passieren, dass der deutsche Leitindex von einem Rekordhoch zum nächsten jagte, während zugleich die Gewinne der DAX-Konzerne im 3. Quartal 2024 prozentual zweistellig gesunken sind, wie ich vorgestern berichtete (siehe „Starker Dollar, schwacher Euro, schwacher Yen“).

Fazit

Ich würde mir daher wünschen, dass sich nach den gestrigen Geschäftszahlen von NVIDIA, verbunden mit dem Ausblick des Unternehmens auf die weitere Geschäftsentwicklung, bei den Anlegern die Erkenntnis durchsetzt, dass auch in Sachen Künstliche Intelligenz (KI) die Bäume nicht in den Himmel wachsen.

Es wird wahrscheinlich noch ein wenig dauern, bis die KI-Konzerne den Großteil ihrer Investitionen in Rechenkapazitäten und Rechenzentren getätigt haben. Doch in nicht allzu ferner Zukunft wird die Infrastruktur stehen und dann nicht mehr im aktuellen Tempo wachsen. Dann wird ein Großteil „nur“ noch Erhaltungsinvestitionen sein, mit einem wesentlich kleineren (Umsatz-)Wachstum (für NVIDIA, siehe oben). Und weil zunehmend Konkurrenz auf den Markt kommt, werden sich dann auch die Gewinnmargen nicht halten lassen.

Aktuell sehen sich Anleger im Schlaraffenland, wo die Früchte mit der Hand leicht greifbar sind. Doch die „low hanging fruits“, also niedrig hängende Früchte, sind bald abgegrast. Und dann wird es für NVIDIA & Co. deutlich schwerer, ihre aktuellen Zuwächse fortzuführen bzw. aufrechtzuerhalten, was auch für den Aktienkurs gilt.
Aber selbst, wenn es doch noch zu etwas höherem Wachstum kommt als prognostiziert, so ist dieses durch die extrem hohe Bewertung von NVIDIA auch eigentlich schon längst eingepreist.

Eine Korrektur dieser und anderer Aktien der Branche würde daher dem gesamten Markt sehr gut tun, da damit die aktuell extreme Schieflage etwas begradigt würde. Und daher müssten eigentlich (fast) alle Anleger ein Interesse daran haben.

Ich wünsche Ihnen jedenfalls weiterhin viel Erfolg an der Börse
Ihr
Sven Weisenhaus

(Quelle: www.stockstreet.de)

Sven Weisenhaus ist Chefredakteur des renommierten Börsen-Newsletters Börse-Intern, der vom bekannten Börsen-Portal Stockstreet.de herausgegeben wird. Er schreibt dort auch die Analysen des „Target-Trend-Spezial“ - einem börsentäglichen Dienst, der den DAX und andere Indices nach der berühmten Target-Trend-Methode analysiert.

www.stockstreet.de

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