SAP dominiert den DAX, wie NVIDIA & Co. den Nasdaq
von Sven Weisenhaus
Wichtigstes Thema auf dem Frankfurter Börsenparket war gestern der Finanzbericht des Software-Riesen SAP. Dieser wurde zwar bereits vorgestern im Rahmen der laufenden Berichtssaison veröffentlicht, allerdings erst nach Handelsende. Daher konnten Anleger darauf erst gestern reagieren. Und sie ließen die Aktie im Tageshoch um fast 6 % auf ein neues Rekordhoch steigen (siehe grüne Ellipse im folgenden Chart).
Die Geschäftszahlen von SAP sorgten also offensichtlich für gute Stimmung. Und das auch durchaus zu Recht. Denn dank eines kräftigen Wachstums des Cloud-Geschäfts konnte SAP ein überraschend starkes Quartalsergebnis präsentieren und seine Gesamtjahresziele anheben.
SAP macht 15 % des DAX aus
Dabei spielte Künstliche Intelligenz (KI) eine entscheidende Rolle. Und weil KI seit einiger Zeit das Hype-Thema an den Börsen ist, war der SAP-Bericht natürlich ein heißes Gesprächsthema und insgesamt sehr wichtig für die Börse. Zumal das Unternehmen auch durch den diesjährigen Kursanstieg der Aktie um ziemlich genau 60 % inzwischen mit mehr als 250 Milliarden Euro eine Marktkapitalisierung erreicht hat, die fast 16 % des gesamten DAX ausmacht.
Schieflage des Marktes durch den KI-Hype
Dadurch macht der SAP-Anstieg seit Jahresbeginn ein Drittel des gesamten DAX-Anstieges aus. Ohne die Aktien des mittlerweile größten Technologieunternehmens Europas würde der deutsche Leitindex gut 900 Punkte niedriger stehen, berichten gestern einige Medien. Und so haben wir hierzulande derzeit eine ähnliche Schieflage des Marktes wie in den USA durch Schwergewichte wie NVIDIA, Microsoft und Apple, worauf die Redakteure von Stockstreet auch bereits mehrfach hingewiesen haben – siehe zum Beispiel „DAX, SDAX, TecDAX – Wer vermittelt das richtige Bild?“.
Übrigens: Siemens als zweitgrößtes Unternehmen im DAX (Kursanstieg seit Jahresbeginn: 8 %) kommt aktuell auf einen Indexanteil von 8,39 % – wiegt also schon nur etwa halb soviel wie SAP. Knapp dahinter folgt die Deutsche Telekom, deren Aktien im laufenden Jahr um 30 % zugelegt haben, wodurch sie derzeit auf ein Anteil am DAX von 7,96 % kommen.
Alleine diese drei Aktien bringen es also zusammen auf einen Anteil am DAX von fast einem Drittel (!). Und so wird eben, wie bereits wiederholt geschrieben, auch der DAX nur von wenigen (schwergewichtigen) Werten nach oben gezogen.
Kappungsgrenze
Immerhin: Die Kappungsgrenze der Deutschen Börse deckelt das Gewicht von SAP im DAX auf 15 %. Und weil Fonds, die den Index abbilden, immer wieder Aktien verkaufen müssen, wenn der Kurs weiter steigt, könnte der Kursanstieg nun zumindest gebremst werden. Das erklärt womöglich auch den gestrigen Rücksetzer vom Tageshoch.
SAP fundamental ambitioniert bewertet
Außerdem ist SAP mit 250 Milliarden Euro inzwischen ambitioniert bewertet. Denn die Umsätze bewegen sich gerade erst auf eine Größenordnung von 40 Milliarden Euro zu. Im vergangenen Jahr waren es 31,21 Mrd., für das laufende Jahr rechnen Analysten laut Daten von Stock3 mit 33,88 Mrd. und im kommenden Jahr sollen es 37,63 Mrd. Euro sein.
(Quelle: terminal.stock3.com)
Das Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV) liegt daher aktuell bei mehr als 7. Damit spielt SAP in einer Liga mit den hochgejubelten Big Techs aus den USA. Und das gilt auch für das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Im vergangenen Jahr hat SAP einen Gewinn je Aktie von 5,26 Euro erzielt. Im laufenden Jahr sollen es zwar „nur“ 4,47 Euro sein, im kommenden Jahr erwarten Analysten aber einen Sprung auf 6,32 Euro.
(Quelle: terminal.stock3.com)
Beim aktuellen Aktienkurs von 218,15 Euro errechnet sich damit ein Kurs-Gewinn-Verhältnis zwischen 48,8 und 34,5. Bei einem Gewinnwachstum von 41 % im kommenden Jahr ist das durchaus noch fair. Aber da sich dieses in den kommenden Jahren auf deutlich unter 20 % abschwächen soll, erscheinen die SAP-Anteile inzwischen ähnlich ambitioniert bewertet wie die KI-Pendants aus den USA.
Korrekturpotential
Man könnte daher durchaus auch argumentieren, dass SAP mit einer halb so hohen Bewertung immer noch fair bewertet wäre. Denn ein KUV von 3,5 wäre immer noch relativ hoch und ein KGV von 24 bzw. 17 bei einem erwarteten Gewinnwachstum von 16,6 % in 2026 bzw. 12,2 % in 2027 immer noch nicht billig. Und Sie können sich ja mal ausmalen, was ein Kursrückgang von 50 % bei den Aktien von SAP für den DAX bedeuten würde.
Sicherlich erscheint ein solcher Kursrückgang derzeit unwahrscheinlich. Aber ein Rücksetzer um 15 % auf ca. 190 Euro wäre bei einer allgemeinen Marktkorrektur locker drin.
Denn damit würden lediglich 38,20 % der Kursgewinne des laufenden Jahres korrigiert. Und das ist aus Sicht der Fibonacci-Marken gerade mal das Mindestziel einer Gegenbewegung.
Ich wünsche Ihnen jedenfalls weiterhin viel Erfolg an der Börse
Ihr
Sven Weisenhaus
(Quelle: www.stockstreet.de)