Schwieriges Verfallstags-Gerangel im DAX
von Torsten Ewert
Sehr verehrte Leserinnen und Leser,
eigentlich können wir dem Großen Juni-Verfallstag am Freitag der nächsten Woche recht entspannt entgegensehen. Anders als in vielen anderen Fällen fällt das Fed-Meeting im Juni nicht in die Verfallstagswoche, sondern findet eine Woche zuvor, also in dieser Woche statt. Das mindert zwar die Gefahr größerer Kursausschläge unmittelbar vor dem Verfallstag, macht aber die Analyse nicht einfacher.
Unterschiedliche Verfallstags-Szenarien
Der Grund: Ausgehend vom aktuellen DAX-Niveau bei ca. 18.450 Punkten (siehe Pfeil im folgenden Verfallstagsdiagramm) steigt die Größe der Call- Positionen mit steigenden Kursen bzw. die Größe der Put- Positionen mit fallenden Kursen (siehe grün bzw. rot schattierte Dreiecke).
Quelle: https://www.stockstreet.de/boersen-tools/verfallstag-diagramm#/
Je nach Dynamik in den kommenden Tagen gibt es also zwei völlig unterschiedliche Szenarien: Bei moderaten Kursausschlägen dürften die Stillhalter versuchen, den DAX zu bremsen – und dadurch womöglich in eine Seitwärtsbewegung zu zwingen. Bei einem starken Impuls in die eine oder andere Richtung würden sie vermutlich ihre jeweiligen Positionen absichern, was bekanntlich dazu führt, dass die Kursdynamik verstärkt wird.
Hinzu kommt, dass der relevante Kursbereich des DAX aus Sicht der Verfallstagskonstellation zwischen 18.000 und 19.000 Punkten liegt. Und aktuell notierte der Index ziemlich genau in der Mitte dieses Bereichs und hat damit die maximal mögliche Bewegungsfreiheit in beide Richtungen.
Charttechnik: Unsicherheit bedeutet Schwankungsfreudigkeit
Selbst die Charttechnik deutet auf eine derartige Schwankungsfreudigkeit des DAX hin:
So hat der Kurs kurz nach dem neuen Hoch Mitte Mai den bisherigen Aufwärtstrend (grün) verlassen und ist in eine Konsolidierung übergegangen. Diese verläuft jedoch unter zunehmender Volatilität, sodass nicht wie üblich ein Dreieck bzw. Keil entstanden ist, der nach rechts zuläuft, sondern der sich nach rechts öffnet (grau).
Eine solche Formation kann man als Pendant der bekannten „Unsicherheits-Trompete“ ansehen. Und wie diese signalisiert der graue Keil Unsicherheit der Anleger. Und charttechnisch bietet dieser Keil dem DAX bis zum Verfallstag eine Schwankungsbreite zwischen 18.150 und 18.700 Punkten – und damit einen Gutteil der Spanne, die sich aus dem Verfallstagsdiagramm ergibt.
Das sind jetzt die relevanten Unterstützungen für den DAX
Die aktuelle Unsicherheit äußert sich auch in den Fluktuationen um die blau gestrichelte Linie des Hochs vom April: Weder Bullen noch Bären haben genug Kraft, um den Kurs nachhaltig von dieser Marke wegzutreiben. Damit lässt die Charttechnik auch die Seitwärtsbewegung zu, die man aus dem Verfallstagsdiagramm ablesen kann.
Und bereits mit der gestrigen Tageskerze hatte der DAX einen ersten Schritt zu dieser Seitwärtsbewegung gemacht: Zunächst fiel der Kurs dynamisch (siehe roter Pfeil) und markierte sogar ein knappes neues Tief in der laufenden Konsolidierung. Doch dann drehte er nach oben, sodass der DAX das Tief vom 4. Juni de facto verteidigte (grüner Pfeil). Damit gibt derzeit auch die Charttechnik nur wenig Hinweise, wie es mit dem DAX bis zum großen Juni-Verfallstag weitergeht.
Immerhin: Einige Chartstrukturen liefern ein paar Anhaltspunkte. So verläuft knapp unterhalb des gestrigenTagestipps eine mögliche Aufwärtslinie (schwarz gestrichelt), die durch die Tiefs von Januar und April gebildet wird. Sollte der DAX sie in den kommenden Tagen bestätigen, dann könnte er zum Verfallstag oberhalb von 18.500 Punkten stehen.
Im Bereich oberhalb von 18.200 Punkten hat der DAX zudem eine recht markante Unterstützungszone, die sich aus den beiden Zwischenhochs von Ende April und dem 50%-Niveau der jüngsten kleinen Aufwärtswelle bildet. Darunter wiederum verläuft die Unterkante des flachen blauen Aufwärtstrends, in denen der DAX eingeschwenkt sein könnte.
Erst einmal abwarten
Auf der Oberseite gibt es mit der blau gestrichelten Linie bei 18.570 Punkten sowie den kleinen zwischen Hochs von Ende Mai und Anfang Juni nur weniger relevante Marken zur Orientierung.
Aus aktueller Sicht ist es aber auch aus charttechnischer Perspektive unwahrscheinlich, dass der DAX bis zum Verfallstag die Kursspanne zwischen 18.000 und 19.000 Punkten nach irgendeiner Seite verlässt. Innerhalb dieser Spanne ist bis dahin jedoch jede Menge „Kursgerangel“ möglich.
Warten wir ab, ob das Fed-Meeting in dieser Woche eine Richtungsentscheidung bringt und damit die Lage zum Update am kommenden Montag genauere Aufschlüsse gibt.
Mit besten Grüßen
Ihr Torsten Ewert
(Quelle: www.stockstreet.de)