Trump versetzt den Märkten den nächsten Zoll-Schock

Trump versetzt den Märkten den nächsten Zoll-Schock
von Sven Weisenhaus

Die Aktienmärkte mussten seit vorgestern einen herben Kursrutsch hinnehmen, der Dow Jones sogar zwei (siehe rote Ellipsen im folgenden Chart).

Den zweiten Kursrutsch haben die Aktien von Amgen zu verantworten, die aufgrund einer Unternehmensmeldung um 13:05 Uhr (MEZ) prozentual zweistellig einbrachen und den Dow Jones damit zeitgleich fast 200 Punkte bzw. um etwas mehr als 0,4 % nach unten drückten.

US-Zölle auf Produkte aus Mexiko und Kanada

Der erste Kursrutsch, der die Aktienmärkte insgesamt betraf, wurde bereits in der Nacht um 0:30 Uhr ausgelöst. Zu diesem Zeitpunkt hatte der designierte US-Präsident Donald Trump angekündigt, dass er an seinem ersten Tag im Amt einen Zollsatz von 25 % auf alle importierten Produkte aus Mexiko und Kanada und einen zusätzlichen Zollsatz von 10 % auf Waren aus China erheben werde. (Als Grund nannte er die illegale Einwanderung und den Handel mit illegalen Drogen.)

Darum sind die Zölle auch für Deutschland ein Problem

Diese Meldung ist natürlich in erster Linie für die betroffenen Länder ein Problem. Denn laut Medienberichten gingen 2023 mehr als 83 % der Exporte aus Mexiko und 75 % der kanadischen Exporte in die USA. Aber auch der DAX und dem Euro STOXX 50 zeigte sich deutlich belastet. Warum eigentlich?

Einerseits hatte Trump bereits im Wahlkampf signalisiert, auch Zölle auf Importe aus der Europäischen Union zu erheben. Und das wurde den Anlegern durch die nächtliche Meldung offenbar wieder ins Gedächtnis gerufen.

Direkte Auswirkungen

Vor allem für die exportlastige deutsche Wirtschaft sind US-Zölle ein Problem. Denn die USA sind der mit Abstand größte Abnehmer von Waren „Made in Germany“. 2023 wurden Güter im Wert von 157,9 Milliarden Euro in die Vereinigten Staaten geliefert, was 9,9 % der deutschen Exporte entspricht. Und der Präsident das Kieler Wirtschaftsforschungsinstitutes IfW geht davon aus, dass ein Zoll in Höhe von 10 % auf europäische Güter die deutschen Exporte in die USA mittelfristig um 15 % drücken könnte.

Nach derzeitigen Zahlen würde das die deutsche Wirtschaft mit mehr als 23 Milliarden Euro belasten. Vom deutschen Bruttoinlandsprodukt (BIP), welches 2023 bei 4.185 Milliarden Euro lag, wären das immerhin 0,55 %. Geht man davon aus, dass die deutsche Wirtschaft 2024 stagniert und 2025 eigentlich um 1 % wachsen soll, könnten alleine die US-Zölle auf Waren aus der EU dieses Wachstum um die Hälfte reduzieren.

Indirekte Auswirkungen

Aber auch die Zölle auf mexikanische und kanadische Waren würden deutsche Unternehmen treffen. Denn einige produzieren in Mexiko und Kanada für den US-Markt. Und so könnten Zölle zu einem Auftragsrückgang auch bei deutschen Firmen führen, da sie die US-Einfuhren aus den Nachbarländern der USA verteuern. Insbesondere für die deutsche Automobil- und Zulieferindustrie wäre dies eine weitere Belastung.

Hinzu kommt, dass Chinas Exporteure verstärkt auf Europa ausweichen müssten, weil die höheren US‐Zölle die Nachfrage der USA nach chinesischen Produkten spürbar verringern würden. Können die Waren aufgrund der höheren Preise in den USA nicht mehr abgesetzt werden, würden diese dann alternativ unter anderem in Europa angeboten.

Nicht nur Nachteile, sondern auch Vorteile

Letzteres hätte allerdings nicht nur Nachteile, sondern auch Vorteile. Denn ein höheres Angebot billiger Produkte aus China könnte sich dämpfend auf die Inflation im Euroraum wirken. Und in diesem Fall wäre die Europäische Zentralbank (EZB)in der Lage, die Zinsen schneller zu senken. Dadurch hätten europäische Unternehmen geringere Finanzierungskosten. Immerhin!

Rücksetzer auch am Devisenmarkt

Stärker oder schneller sinkende Zinsen in der Eurozone sind allerdings schlecht für den Euro, da der Währungsraum dadurch weniger attraktiv für Anleger wird. Und daher ließen sich gestern in der Nacht nicht nur Rücksetzer am Aktienmarkt beobachten, sondern auch beim EUR/USD.

Zumal weitere Zölle der USA zugleich eine höhere Inflation in den USA bedeuten. Denn importierte Güter aus mehr Ländern werden damit teurer. Daher kann die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) womöglich ihre Zinspolitik nicht im erhofften Tempo lockern. Und tendenziell höhere US-Zinsen verleihen dem US-Dollar Stärke gegenüber anderen Währungen, also auch dem Euro.

Ausgleichender Faktor

Allerdings gibt es einen ausgleichenden Faktor. Denn die meisten Waren werden auf den Weltmärkten in Dollar gehandelt. Und ein stärkerer Dollar würde importierte Waren für die USA billiger machen und die Inflation dämpfen. Zugleich würde ein schwächerer Euro Importe für die Eurozone teurer machen und die Inflation befeuern. Und vielleicht ist das der Grund, warum der Euro gestern seine Verluste gegenüber dem US-Dollar sehr schnell aufholen konnte.

EUR/USD konsolidiert am unteren Ende seiner großen Seitwärtsrange

Dadurch bewegt er sich derzeit am unteren Ende seiner alten Seitwärtsspanne (gelb im folgenden Chart), nachdem er diese zuvor nach unten verlassen und vom unteren Ende eines alten Unterstützungsbereich (grün) Halt geboten bekommen hatte (siehe „Kurseinbruch beim EUR/USD – der vorerst finale Sell-Off?“).

Die Bullen scheinen also die Chance zu nutzen, nach dem finalen Sell-Off in der jüngsten dynamischen Abwärtsbewegung die dadurch überverkaufte Lage mit einer Kurserholung abzubauen.

Amazon, Microsoft und Apple als Ersatz für NVIDIA

Und auch am Aktienmarkt sehen die Bullen weiterhin Chancen auf steigende Kurse, denn sie haben auch die gestrigen Rücksetzer direkt wieder für Käufe genutzt und so die Kurse jeweils wieder nach oben getrieben, zumindest zu großen Teilen.

Dafür ist zwar aktuell NVIDIA nicht mehr verantwortlich, da sich die Anleger nach Veröffentlichung der Quartalszahlen offenbar tatsächlich von der Aktie abwenden (siehe „Wenden sich die Anleger nun von NVIDIA ab?“), aber es gibt ja von den „Magnificent 7“ auch noch Amazon, Microsoft und Apple, die gestern die Kursliste des Dow Jones anführen und somit ein Luftablassen aus der aktuellen Blase verhindern.

Ich wünsche Ihnen damit weiterhin viel Erfolg an der Börse
Ihr
Sven Weisenhaus

(Quelle: www.stockstreet.de)

Sven Weisenhaus ist Chefredakteur des renommierten Börsen-Newsletters Börse-Intern, der vom bekannten Börsen-Portal Stockstreet.de herausgegeben wird. Er schreibt dort auch die Analysen des „Target-Trend-Spezial“ - einem börsentäglichen Dienst, der den DAX und andere Indices nach der berühmten Target-Trend-Methode analysiert.

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