Aktien und die Inflation - oder: Warum "Buy&Hold" auf lange Sicht nichts bringt!
EINLEITUNG:
Wenn der freundlich lächelnde Bankberater die Grafiken mit den
beeindruckenden Wertentwicklungen diverser Aktiendepots über die
letzten 15, 20 oder 30 Jahre wieder beiseite gelegt hat, fragt man sich
oft, wie man nur so dumm sein konnte seine kümmerlichen Geldreserven
bisher auf dem Postsparbuch oder ähnlichen Instrumenten gelagert zu
haben. Er erwähnt zwar pflichtgemäß am Anfang und Ende seines
Vortrages das "Ergebnisse aus der Vergangenheit keine Garantien für
zukünftige Entwicklungen" sind, und Aktien scheinen auch irgendwie
"risikobehaftet" zu sein, aber so recht glauben kann man es beim
Anblick der grün unterlegten "Equity-Kurven" eher nicht....
Könnte es aber vielleicht sein, das die Ergebnisse, welche der Berater
der ertragshungrigen Kundschaft präsentiert noch viel weniger
repräsentativ für die durchschnittliche Wertentwicklung von
Aktiendepots sind, als die Vergangenheit insgesamt? Vielleicht sind
einfach die letzten 30 Jahre besonders gut gelaufen? Hat man nicht im
Geschichtsunterricht mal was von der Tulpenblase im Jahre Schnee
gehört...? Was, wenn man die Wertentwicklung von Aktien bis ins
17. Jahrhundert zurückverfolgen könnte? Kann man, ist aber nicht so
einfach! Was aber recht einfach auf einen längeren Zeitraum
ausgedehnt werden kann, ist die Betrachtung des ältesten Aktienindexes
der Welt, des DOW JONES.
DER DOW-JONES INDEX
Dieser Index wird seit Mai 1896 berechnet, mit im wesentlichen nur
kurzen Unterbrechungen zu Beginn des ersten Weltkrieges und im
September 2001. Zwar umfaßt der Index nur 30 Aktientitel, und es ist
auch nur noch eine einzige der Originalaktien enthalten (General
Electric), aber er spiegelt trotzdem gut die Entwicklung des
amerikanischen Aktienmarktes der letzten 112 Jahre wieder. Schauen
wir uns die Entwicklung der Monatsschlußkurse des Indexes von 1896 bis 2005 an:
Beeindruckend oder? Der erste Monatsschluß im Mai 1896 lag bei 40.62
Punkten, der Höchststand bekanntermaßen bei knapp 14000 Punkten! wenn
das keine "Performance" ist. Versetzen wir uns also in die Lage eines
amerikanischen Kleinsparers (für den es hier keine Wechselkursrisiken
oder so gibt, für die späteren Kritiker), der im Mai 1896 beschließt
für 1000 Dollar Indexaktien zu kaufen (Zertifikate gab's damals wohl
noch nicht). Er, sein Sohn und sein Enkel bilden seither den Index
immer getreulich nach, und der Enkel kann sich also Ende Dezember
2005, als er beschließt das Depot aufzulösen, über 266023 Dollar freuen.
Nicht schlecht, oder? Aber was kann der Enkel im Jahre 2005 denn für
die über eine Viertelmillion kaufen? Reicht gerade so für ein nettes
Häuschen... nach immerhin über hundert Jahren sparen vielleicht nicht
ganz so beeindruckend, zumal das Einstiegskapital von 1000 Dollar im
Jahre 1896 nicht gerade ein Pappenstiel war...
DIE INFLATION
Die mittlere Inflationsrate in den USA betrug von 1896 bis 2005 2.96%
p.a. Typische Rate für eine gesunde Volkswirtschaft, würde man sagen.
Die genauen Werte schwanken zischen leichter Deflation (-2.09% im
Jahre 1909) und über 20% im Jahre 1917. Übrigens verwende ich hier
den Konsumgüter-Preisindex, also dasjenige Maß welches für den
Privatanleger am ehesten ausschlaggebend ist. Die gesamte Datenreihe
kann man sich z.b. bei www.measuringworth.com herunterladen, aber auch
beim "Department of Labor", welches den "cpi" berechnet. Da
vielleicht nicht alle AB-Leser die Zinseszinsrechnung locker im Kopf
beherrschen, hier eine kleine Tabelle, welche Preisanstiege ein knapp
3%-ige Inflation über die Jahre bewirkt. Was am Anfang einen Dollar
kostet, kostet nach X Jahren:
Jahre
|
Preis [$]
|
0
|
1
|
1
|
1,03
|
5
|
1,16
|
10
|
1,39
|
20
|
1,79
|
30
|
3,20
|
50
|
4,30
|
110
|
24,75
}
Jahre Preis[$]
0 1
1 1,03
5 1,16
10 1,39
20 1,79
30 2,40
50 4,30
110 24,75
Die 110 hab' ich natürlich extra mit aufgeschrieben, damit klar wird
das der Opa für seinen 1000er 1896 vielleicht das neueste, mit allen
technischen Finessen ausgestattete Automobil hätte kaufen können, sowas aber eben
heutzutage eher 25000 Dollar kostet. Kann man also für den Reingewinn
aus dem Depot heute gerade mal 10 Autos kaufen gegenüber einem am
Beginn der immerhin 110-jährigen Investitionsperiode. Rechnet man
diese Preisentwicklung aus der Dow-Jones Indexkurve heraus, so stellt
sie sich folgendermaßen dar:
|